Amt der Oö. Landesregierung
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Essstörungen bei Männern

Der Anteil männlicher Betroffener bei Magersucht und Bulimie wurde lange Zeit unterschätzt, da Essstörungen als typische „Frauenerkrankung“ galten. Essstörungen treten bei Frauen häufiger auf als bei Männern, das Geschlechterverhältnis zwischen Frauen und Männern beträgt 10:1. Bei der Binge-Eating-Störung sind die Geschlechterverhältnisse ausgeglichener. In der Symptomatik zeigen sich zwischen den Geschlechtern mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Bei beiden Geschlechtern stellen negativer Affekt, aber auch übertriebene Orientierung an Schönheitsidealen auslösende und aufrechterhaltende Faktoren dar. Im Gegensatz zum Streben nach einem schlanken Körper ist für männliche Betroffene ein Streben nach einem muskulären Körper typisch. Eine Anorexie entwickelt sich bei Männern häufig aus übertriebenem sportlichen Ehrgeiz heraus.

Essstörungen sind bei Männern sowie bei Frauen kulturgebundene Störungen, die in Kulturen vorkommen, in denen das Ideal eines schlanken und muskulösen Körpers vorherrscht und ausreichend Nahrungsmittel zur Verfügung stehen.

Magersucht und Bulimie beginnen in der Jugend. Obwohl junge Männer die ersten Symptome dieser Essstörungen einige Jahre später zeigen als junge Frauen, ist auch bei ihnen die Pubertät häufig im Entstehungsprozess der Erkrankung mitbeteiligt.

In der Pubertät zeigt der männliche Körper mehr Muskelzuwachs, während der Körper von Mädchen deutlich an Körperfett gewinnt. Dies führt häufig zu Körperunzufriedenheit und im Zusammenspiel mit anderen Faktoren oft zu erstem Diätverhalten.

Dieser wesentliche geschlechtsspezifische Unterschied in der Körperentwicklung von Jungen wird als möglicher Schutzfaktor für die Entstehung von Essstörungen diskutiert und dient als Erklärung für die niedrigeren Raten von Essstörungen bei Männern.

Das Streben nach einem bestimmten Körperideal ist ein in der Bevölkerung weit verbreitetes Ideal. Bei Frauen steht eher ein schlankheitsorientiertes Körperideal im Vordergrund, während Männer häufiger nach einem muskelorientierten Körperideal streben. Solange solche Zielsetzungen zu einem maßvollen Ausdauer- und Krafttraining und einer ausgewogenen Ernährung führen, können sie als gesundheitsförderlich eingestuft werden. Kommt es allerdings zu einem exzessiven Krafttraining oder den Gebrauch von anabol-androgene Steroiden zur Unterstützung des Muskelaufbaus, kann dies einen Risikofaktor für die Entstehung von Essstörungen darstellen.

Wenn junge Männer eine Diät beginnen oder die Nahrungsaufnahme reduzieren, so ist dies meist Folge realen Übergewichts.

Berufe, in denen der Körper, die Figur, das Gewicht, das Aussehen und die körperliche Leistung eine wesentliche Rolle spielen (z.B. Tänzer, Model), sind häufiger mit gestörtem Essverhalten und Essstörungen verbunden als andere Berufsgruppen. Dies trifft sowohl für Männer als auch für Frauen zu. Ringkampf, Bodybuilding, Sportreiten, Skispringen sind Sportarten, die hauptsächlich von Männern ausgeführt werden und das Risiko für ein  gestörtes Essverhalten erhöhen.
Wenn Zeichen von Magersucht oder Bulimie auftreten, so zeigen die Erkrankungen einen ähnlichen Verlauf wie bei Frauen.

Wenn Krankheitszeichen auftreten, dauert es häufig lange, bis sich Männer zu einer Behandlung entschließen. Man erklärt sich dies damit, dass Essstörungen als „Frauenerkrankungen“ gelten. Gelingt essgestörten Männern der Schritt zur Therapie, so können sie oft schnell gesundheitsförderliche Verhaltensweisen umsetzen.

Bei essgestörten Männern tritt bei 60-80 % eine psychiatrische Komorbidität auf, beispielweise Suchterkrankungen oder Affektive Störungen. Sexueller Missbrauch sowie homo- bzw. bisexuelle Ausrichtung gelten als Risikofaktoren für die Entwicklung von Essstörungen bei Männern.

Die Behandlung von Essstörungen ist geschlechtsunspezifisch: Gewichtsrehabilitation, Strukturierung und Stabilisierung des Essverhaltens in Kombination mit Psychotherapie sind die Therapiemethoden der Wahl.